"Shit, wir sind zu spät": Wie Luca Engstler seinen ersten DTM-Sieg erzielte

Luca Engstler feiert in Oschersleben seinen ersten DTM-Sieg - Wie es dazu kam, was der Youngster zum engen Duell mit Maro Engel sagt und wie Papa Franz reagierte

(Motorsport-Total.com) - Jubel, Tränen, Emotionen! Luca Engstler (GRT-Lamborghini) gewinnt in Oschersleben das erste DTM-Rennen seiner noch jungen Karriere. "Ich kann es nicht in Worte fassen, es fühlt sich unrealistisch an", jubelt der 24-Jährige, der auch noch die Tabellenführung übernimmt. "Mir fehlen immer noch die Worte. Ich bin glücklich, stolz und dankbar."

Titel-Bild zur News: Luca Engstler feiert seinen ersten DTM-Sieg

Luca Engstler feiert seinen ersten DTM-Sieg Zoom

Nach einem chaotischen Start fuhr Engstler, der bereits im Qualifying mit dem vierten Startplatz überrascht hatte, zunächst auf dem dritten Rang. Dann hatte der Lamborghini-Pilot das Glück auf seiner Seite: Denn kurz nachdem Engstler zum Pflichtstopp in die Boxengasse abgebogen war, wurde eine Full-Course-Yellow ausgerufen.

"Ich habe die Full-Course-Yellow gesehen und gedacht 'Shit, wir sind eine Runde zu spät'", erzählt der Lamborghini-Pilot nach dem Rennen gegenüber ran.de. "Dann hat es [im Kopf] angefangen zu rattern und es war nicht zu spät." Doch erst als Teamchef Gottfried Grasser über Funk sagte, er führe das Rennen an, wurde Engstler bewusst, was möglich ist.

Weil die beiden Führenden Mirko Bortolotti (SSR-Lamborghini) und Luca Stolz (HRT-Mercedes) ihren Stopp wenig später unter vollem Renntempo absolvieren mussten, übernahm Engstler rund 20 Minuten vor dem Ende des Rennens die Spitzenposition. "Um ehrlich zu sein, hatten wir natürlich viel Glück mit der Gelbphase", gesteht der 24-Jährige. "Ich denke, dass wir mit der reinen Pace nicht um den Sieg, vielleicht aber um das Podium gekämpft hätten."

"Definitiv schwierig": Engstler unter Druck von Engel

Nichtsdestotrotz bekam Engstler seinen ersten DTM-Karrieresieg nicht geschenkt. Denn Mercedes-AMG-Pilot Maro Engel war dem Youngster dicht auf den Fersen: "Als ich ihn hinter mir sah, dachte ich: Ja, das wird ein langer Nachmittag", grinst der glückliche Rennsieger. "Ich wusste, er hat die Pace, das Auto hat die Pace. Also habe ich eine halbe Stunde lang nur in die Rückspiegel geschaut und versucht, ihm keinen Platz zu lassen."

Luca Engstler musste sich bis zur Zielflagge gegen Maro Engel verteidigen

Luca Engstler musste sich bis zur Zielflagge gegen Maro Engel verteidigen Zoom

"Ich glaube, von der Pace her war er definitiv schneller", muss Engstler zugeben. "Es ging also darum, das Auto am Scheitelpunkt zu parken und sicherzustellen, dass er keinen freien Schuss hat. Das war definitiv schwierig."

"Ich habe einfach versucht, mich auf mich zu konzentrieren und keine Fehler zu machen", verrät der Deutsche. "Es war ein Katz-und-Maus-Spiel. Natürlich hatte ich immer ein Auge auf ihn und was er macht. Aber mit solchen Fahrern im Rücken konzentriert man sich auf sein eigenes Ding und versucht einfach zu überleben."

Das ist dem Youngster gelungen. Mit einem Vorsprung von 0,3 Sekunden rettete er den ersten DTM-Sieg seiner Karriere über die Ziellinie. "Ich habe natürlich alles versucht, um zu sehen, ob ich eine Chance habe, ihn zu überholen", berichtet Konkurrent Engel.


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"Aber er hat keinen Fehler gemacht, und wir wissen, dass das Überholen hier in Oschersleben schwierig ist. Ich wollte nichts auf dem Tisch liegen lassen. Also habe ich alles versucht", so Engel, der sich am Ende mit Platz zwei begnügen muss. "Aber ich freue mich für ihn, dass er seinen ersten Sieg geholt hat."

Engstler weiß: "Wird nicht so weitergehen"

Für Engstler, der im Winter auch für Mercedes-AMG getestet hat und zunächst nicht wusste, ob er in diesem Jahr überhaupt in der DTM starten kann, ist der Sieg ein großer Befreiungsschlag. "Der letzte Winter war definitiv nicht einfach", sagt der 24-Jährige. "Ich habe lange nicht damit gerechnet, dass ich überhaupt hier in der Startaufstellung stehe."

"Ich habe sehr hart gearbeitet, um hier zu sein. Und meine Familie hat mich auf diesem Weg sehr unterstützt", ist Engstler dankbar. "Und jetzt hier zu sein und gleich im ersten Rennen auf dem Podium zu stehen, ist einfach unglaublich. Ohne Worte."

Engstler freut sich mit Teamchef Gottfried Grasser über den ersten DTM-Erfolg

Engstler freut sich mit Teamchef Gottfried Grasser über den ersten DTM-Erfolg Zoom

Engstler ist sich aber auch bewusst, dass sein erster DTM-Sieg mit viel Glück verbunden ist. "Ich fühle mich mit dem Auto noch nicht so richtig wohl, denn wir hatten nur den Test in Hockenheim und den einen Tag in Oschersleben", gibt der Youngster ehrlich zu. "Es gibt also noch viel zu lernen, viele Hausaufgaben zu erledigen."

"Ich denke, wenn man eine Linie zieht und die reine Pace nimmt, waren wir definitiv nicht schnell genug. Und Mirko [Bortolotti] war schneller als die anderen. Also nehme ich es natürlich. Ich bin zufrieden. Aber es gibt noch viel zu tun für die kommenden Rennen."

"Ich weiß, wo ich hin will und wofür ich so hart arbeite. Ich glaube nicht, dass es so weitergeht, aber es war eine kleine Bestätigung, dass man immer weitermacht."

Engstler eingeschlossen: "Das war irgendwie Scheiße"

Deshalb genießt Engstler seinen DTM-Sieg in Oschersleben. "Ich verbinde so viele schöne Momente mit diesem Ort", erinnert sich der 24-Jährige, dessen Vater bis vor wenigen Jahren ebenfalls Rennfahrer war. "Früher, als mein Vater noch gefahren ist, und bei Oma auf der Kartbahn und im Wohnmobil."


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"Ich war hier oben im Kindergarten, die Kindergärtnerin war vor dem Rennen da und hat mir Glück gewünscht." Und wie hat Papa Franz reagiert? "Er hat nicht viel gesagt, weil er geweint hat", schmunzelt der Sohn.

Die Siegesfeier des Grasser-Piloten wurde am Ende allerdings noch einmal aufgehalten: Denn Engstler parkte seinen Lamborghini so eng zwischen den beiden Mercedes' von Engel und dem drittplatzierten Stolz, dass er gar nicht aussteigen konnte.

"Das war irgendwie Scheiße", lacht der frischgebackene DTM-Rennsieger gegenüber ran.de. "Irgendwann habe ich gedacht: Das wird jetzt der schönste Moment meines Lebens [wenn ich aussteige], das war er auch, aber irgendwie bin ich nicht aus dem Auto gekommen."

Erst als sein Auto wieder ein Stück nach hinten geschoben wurde, konnte Engstler endlich aussteigen und mit dem Grasser-Team und seiner Familie jubeln. Und wie wird der 24-Jährige seinen ersten DTM-Sieg am Abend feiern? "Keine Ahnung, mit Freunden und Familie, aber nichts Wildes, mir tut alles weh."

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