Niki Lauda: Zu viel Sicherheit zerstört die Formel 1

Niki Lauda ist skeptisch über die Einführung des "Halo"-Systems, Alain Prost spricht sich dafür aus - Regeln 2017 würden der Formel 1 helfen, glaubt der Österreicher

(Motorsport-Total.com) - Er ist dreimaliger Weltmeister, 25-facher Grand-Prix-Sieger und eine lebende Formel-1-Legende: Niki Lauda. Der Österreicher hat in seiner Karriere aber auch viele Risiken auf sich genommen, um diese Erfolge einfahren zu können. Unvergessen ist sein Feuerunfall 1976 auf dem Nürburgring, den er knapp überlebt hat. Lauda ist heute kein Fürsprecher für die Sicherheitskonzepte der Formel 1, im Interview bei 'CNN' erklärt er seinen Standpunkt.

Titel-Bild zur News: Niki Lauda, Alain Prost

Zwei Formel-1-Legenden: Niki Lauda und Alain Prost uneinig über Sicherheit Zoom

"Ich denke, wenn man eine 110-prozentige Sicherheitsgarantie haben will, wird man den Sport zerstören", erklärt der Wiener. Wäre er heute ein Fahrer, würde er anders darüber denken, er müsse jedoch an die "gesamte Attraktion der Formel 1" denken. "Warum schauen wir uns das an?", fragt er. "Wir wollen gutes Racing sehen, dazu gehört auch ein bisschen Gefahr, die immer dabei ist, und unglaubliche Fahrzeugbeherrschung der Piloten, um diese Autos unter Kontrolle zu behalten."

Geht es um die Cockpitschutz-Debatte, ob "Halo" oder "Aeroscreen", ist Lauda nicht begeistert: "Diese Entscheidung muss clever gefällt werden, weil man es wirklich sicherer für die Fahrer gestalten muss." Für 2017 ist die Einführung des Heiligenscheins "Halo" anberaumt, doch noch gibt es ungeklärte Fragen. Der Mercedes-Team-Aufsichtsratsvorsitzende wirft ein: "Man muss auch an Unfälle, wie jenen von Alonso (in Australien 2016; Anm. d. Red.), denken, wo sich das Auto überschlägt und Feuer fangen könnte. Dann könnte der Pilot nicht aus dem Auto, weil dort das 'Halo' angebracht ist."

"Bitte, führt dieses System nicht ein..."

Er fordert also: "Es gibt viele kleine Details, die man in Betracht ziehen muss. Solange nicht alle gelöst sind, bitte, führt dieses System nicht ein." Bereits Sebastian Vettel hat auf der Sportkonferenz in Turin angemerkt, dass ein gewisses Restrisiko an Gefahr in der Formel 1 erhalten bleiben sollte. "Die Zutaten Leidenschaft, Geschwindigkeit, Gefahr und Sound sind ziemlich wichtig. Gleichzeitig müssen wir den Sport sicherer machen", so der Ferrari-Pilot.

Alain Prost, Niki Lauda

Lauda und Prost waren 1984 und 1985 Teamkollegen bei McLaren Zoom

Auch Ex-Weltmeister Alain Prost hat auf jener Konferenz über die Sicherheit der Formel 1 gesprochen. Der Franzose ist nicht einer Meinung mit dem Österreicher. Er gibt sich zwiegespalten: "Ich habe es immer Fifty-fifty gesehen. Auf der einen Seite ist die Formel-1-Tradition wichtig, auf der anderen Seite muss es so sicher wie möglich sein", fordert der 61-Jährige. "Wir leben in einer Gesellschaft, in der es kaum akzeptiert wird, was in der Vergangenheit passiert ist."

Als Beispiel bringt er den tragischen Unfall von Henry Surtees, dem Sohn von Rennlegende John Surtees. Bei jenem Unglück prallte ein loses Rad auf dem Helm des Fahrers ab, dieser starb an seinen Verletzungen. Prost glaubt: "Bei einigen Unfällen, zum Beispiel beim Crash von Henry Surtees, hätte das System einen Unterschied gemacht. Da es um ein Menschenleben geht, würde ich mich dafür aussprechen. Wir müssen es tun."

Prost: "Es geht um Menschenleben"

Prost fordert, wie auch Lauda, eine gründliche Evaluation des "Halo"-Systems: "Dann müssen wir die beste Lösung finden. Man kann sich aber auch nicht gegen alles absichern. Es sieht zwar nicht sehr schön aus, aber wir werden uns daran gewöhnen. Ich würde mich daher also eher dafür entscheiden."

Halo-Cockpitschutz am Ferrari von Kimi Räikkönen

Das "Halo"-System soll 2017 verpflichtend in der Formel 1 eingeführt werden Zoom

Mit den Änderungen am Reglement für die kommende Saison ist Lauda zufrieden. Er erklärt den Hintergrund: "Wir müssen vier bis fünf Sekunden schneller werden, das ist das Wichtigste. Wir benötigen breitere Reifen, damit die Autos aggressiver und attraktiver aussehen. Wir brauchen andere Flügel, damit wir auf der Geraden wieder im Windschatten fahren können. Auf all das haben wir uns geeinigt."

Seine Kritik an der heutigen Formel 1: Die Piloten müssen zwar hart arbeiten und am Limit fahren, aber wenn sie auf dem Podium stehen, dann würden sie kaum schwitzen. Für Lauda ein Indiz dafür, dass die Autos zu einfach zu fahren sind. "Wir müssen es also attraktiver und schwieriger machen, fünf Sekunden schneller fahren und daher haben wir diese neuen Regularien für nächstes Jahr eingeführt."