Andrea Dovizioso

Italien

Porträt

(Stand: Ende 2022) Die Karriere von Andrea Dovizioso begann äußerst ungewöhnlich: Nachdem er sein erstes Fahrrad geschenkt bekommen hatte, versprach ihm sein Vater, ihm ein Minibike zu kaufen, falls er auf Anhieb ohne Stützräder zurechtkommen sollte - und das war für den begabten Zweiradler natürlich überhaupt kein Problem.

Dovizioso fuhr dann die italienische Minibike- und Minicross-Szene in Grund und Boden, stellte in jener Zeit auch seine Leidenschaft für Fußball zurück und kam tatsächlich 2001 zu seinem ersten WM-Wildcard-Einsatz in Mugello. Das Rennen beendete er zwar nicht, aber damals war schon klar, dass er seinen Weg machen würde.

Der Italiener nahm auf dem Weg zu zwei 250er-Vize-WM-Titeln in den Jahren 2006 und 2007 den einen oder anderen Grand-Prix-Sieg mit und stach dadurch seinem Landsmann Gianluca Montiron ins Auge, der ihn für das JiR-Scot-Honda-Team unter Vertrag nahm und somit in die MotoGP-WM brachte. Und er enttäuschte seinen Chef nicht: In seiner Debütsaison 2008 fuhr er gleich beim ersten Rennen auf einen sensationellen vierten Platz. In Malaysia schenkte Dovizioso seiner Mannschaft kurz vor dem Saisonende sogar einen Podestplatz.

Mit seinem hervorragenden Grundspeed und der abgebrühten Fahrweise im Rennen landete Dovizioso schön früh in den Notizbüchern der Honda-Manager. Als deutlich wurde, dass sich Nicky Hayden nach vielen Honda-Jahren in Richtung Ducati verabschiedet, war der Italiener bei der Suche nach einem Nachfolger in der Werksmannschaft erste Wahl.

2009 gelang Dovizioso im verregneten Donington der erste MotoGP-Sieg. Besonders beeindruckend war dabei, wie abgebrüht Dovizioso die schwierigen äußeren Bedingungen meisterte und den direkten Zweikampf mit Valentino Rossi auf der Strecke gewann. Während in dem Rennen viele Fahrer stürzten, blieb Dovizioso bis zum Schluss im Sattel und gewann. Allerdings holte der Italiener in seinem zweiten MotoGP-Jahr weniger Punkte als 2008 und stand im Honda-Werksteam gehörig unter Druck.

Dennoch durfte Dovizioso bleiben. Auch 2010 stand er oft im Schatten des schnelleren Dani Pedrosa, aber er stabilisierte seine Leistungen und holte sieben Podestplätze. Das gleiche Kunststück gelang ihm 2011, doch am Ende der Saison war für Dovizioso dennoch kein Platz mehr im Honda-Werksteam. 2012 ging er für Tech-3-Yamaha an den Start - mit dem Ziel, sich für einen Platz im Yamaha-Werksteam für 2013 zu empfehlen.

Das gelang Dovizioso nicht, obwohl er mit der Kundenmaschine zahlreiche Erfolge feierte. Insgesamt kletterte er sechs Mal als Dritter auf das Podest, beendete die WM auf Platz vier und war damit der beste Kundenfahrer. Da es mit dem Aufstieg ins Yamaha-Werksteam nicht klappte, orientierte sich der Italiener für 2013 neu. Ducati holte Dovizioso an Bord. Mit seiner Hilfe wollte die italienische Traditionsmarke den Anschluss an die Spitze schaffen.

Im ersten Jahr blieben die erhofften Fortschritte aber aus. Dovizioso gelang kein einziger Podestplatz. 2014 ging das Ducati-Abenteuer in die nächste Runde und es waren dank des neuen General-Managers Luigi Dall'Igna Fortschritte zu erkennen. Dovizioso kam der Spitze deutlich näher, eroberte zwei Podestplätze und eine Poleposition. Deshalb verlängerte der Italiener auch seinen Vertrag um zwei weitere Jahre.

Und die neue GP15 brachte den erhofften Fortschritt. Dovizioso raste beim Saisonauftakt in Katar auf die Poleposition und verpasste den Sieg nur hauchdünn. Es folgten weitere Podestplätze, aber die zweite Saisonhälfte verlief schwieriger und das Podium war nicht mehr in Reichweite. 2016 folgte der nächste Angriff auf die Spitze, aber Dovizioso klebte das Pech an den Fingern. Der Grand Prix von Österreich sollte seine große Chance sein, aber Teamkollege Andrea Iannone war bei der Reifenwahl schlauer und gewann.

Doviziosos Stunde kam beim Regenrennen in Sepang. Souverän fuhr er seinen zweiten MotoGP-Sieg und seinen ersten für Ducati nach Hause. Außerdem verlängerte Ducati den Vertrag mit ihm. Ab 2017 sollte "Dovi" mit Neuzugang Jorge Lorenzo Jagd auf den WM-Titel machen. Und tatsächlich stellte Dovizioso seinen neuen Teamkollegen deutlich in den Schatten. Er gewann 2017 in Mugello und setzte dann zu einer unglaublichen Erfolgsserie an.

Dovizioso siegte auch in Barcelona, Spielberg, Silverstone, Motegi und Sepang. Beim Finale in Valencia hatte "Dovi" noch rechnerische Chancen auf den WM-Titel. Er musste das Rennen aber unbedingt gewinnen. In einem packenden Rennen stürzte der Italiener allerdings, Marc Marquez krönte sich zum Weltmeister. Mit sechs Siegen wurde Dovizioso Vizeweltmeister. Es war bisher seine mit Abstand beste Saison in der Königsklasse.

2018 dann der nächste Versuch, aber Dovizioso stürzte in der ersten Saisonhälfte zu oft. Obwohl er noch vier Rennen gewinnen konnte, fehlten ihm diese WM-Punkte in der Endabrechnung. Dovizioso wurde deutlich hinter Marquez erneut Vizeweltmeister. Seine Leistungen brachten ihm aber einen neuen, deutlich besser dotierten Zweijahresvertrag mit Ducati.

2019 gab es den nächsten Anlauf. Obwohl "Dovi" mehr WM-Punkte als jemals zuvor in einer Saison sammelte, verpasste er erneut den Titel. Schlussendlich hatte er 151 Punkte Rückstand auf Marquez. Zum dritten Mal hintereinander wurde Dovizioso Vizeweltmeister.

Nachdem sich Marc Marquez beim Saisonauftakt 2020 in Jerez verletzt hatte, galt Dovizioso als WM-Favorit. Doch die Saison gestaltete sich als schwierig. Dovizioso gewann nur ein Rennen in Spielberg. Außerdem verkündete er, dass er Ducati verlassen wird.

Da es keine Alternative gab, legte Dovizioso 2021 ein Sabbatical ein. Er bestritt einige Testfahrten für Aprilia, aber das Projekt überzeugte ihn nicht. Als sich im Sommer Yamaha und Maverick Vinales trennten, ergab sich plötzlich eine neue Chance.

Ab Misano übernahm Dovizioso die alte 2019er-Yamaha von Franco Morbidelli im Petronas-Team und fuhr die Saison zu Ende. 2022 hatte er im Yamaha-Satellitenteam RNF aktuelles Werksmaterial zur Verfügung. Allerdings scheiterte das Comeback. Dovizioso fuhr nur sechsmal in die Punkteränge. Bei seinem Heimrennen in Misano zog er die Reißleine und beendete seine MotoGP-Karriere endgültig.