Feedback Pirelli-Test in Barcelona: Racing in der Moto2 könnte sich verändern

Mehr Performance, aber auch ein anderer Verschleiß - Reifenmanagement wird in Zukunft größere Rolle spielen - Erste Erkenntnisse der Pirelli-Reifen aber positiv

(Motorsport-Total.com) - Für die Klassen Moto2 und Moto3 gibt es ab der Saison 2024 eine wesentliche Veränderung. Dunlop verabschiedet sich nach mehr als zehn Jahren als Reifenausrüster. Diese Aufgabe übernimmt in Zukunft Pirelli. Die italienische Marke wird Reifen aus der Superbike-WM zur Verfügung stellen, die auch im Handel für Hobbyrennfahrer käuflich erhältlich sind.

Titel-Bild zur News: Pirelli-Logo

Ab 2024 rüstet Pirelli die Klassen Moto2 und Moto3 mit Reifen aus Zoom

Am Montag nach dem Grand Prix von Barcelona fand ein erster Testtag mit den Pirelli-Reifen statt. Nicht alle Teams waren allerdings auf der Strecke. Pedro Acosta verzichtete, weil er im nächsten Jahr MotoGP fährt.

Auch Jake Dixon fuhr nicht, damit sein Gefühl für die restliche Saison nicht verfälscht wird. Rundenzeiten wurden von dem Test nicht veröffentlicht. Es waren auch keine Medienvertreter an der Strecke zugelassen. Trotzdem haben wir einige Informationen zusammengetragen.

Jeder Fahrer hatte für diesen Testtag neun Reifensätze zur Verfügung. Das waren sechs Sätze Slicks mit zwei verschiedenen Mischungen vorne und hinten. Außerdem gab es drei Sätze Regenreifen, aber an jenem Montag blieb es trocken und warm.

Die Dimensionen der Moto2-Reifen sind wie folgt: Beim Vorderreifen sind es 125/70 R17 und beim Hinterreifen 200/65 R17. Beim Vorderreifen gab es die Mischungen weich (SC1) und medium (SC2) sowie beim Hinterreifen weich (SC0) und medium (SC1).

Es sind prinzipiell die bekannten Reifen aus der Superbike-WM. "Ich habe mit diesen Reifen schon mit dem Superbike etwas Erfahrung gehabt, aber es verhält sich mit der Moto2 definitiv anders", schildert Lukas Tulovic im Gespräch mit Motorsport-Total.com.

Denn in der Moto2 kommt ein Prototypen-Chassis zum Einsatz, das viel steifer ist. Im Vergleich zum 1.000er Superbike ist die Moto2-Maschine auch leichter. Der Triumph-Dreizylinder mit 765 Kubikzentimetern Hubraum hat im Vergleich etwas weniger Leistung.

Lukas Tulovic

Lukas Tulovic war nach dem ersten Pirelli-Test beeindruckt Zoom

Der erste Eindruck mit den Pirelli-Reifen war positiv. "Es hat mit dem Set-up, das wir im Rennen hatten, eigentlich sofort ziemlich gut funktioniert", berichtet Tulovic. "Wir haben das Set-up 1:1 übernommen, um zu sehen was die Reifen verändern."

"Die Reifen geben einem mehr Feedback, sie arbeiten viel mehr. Die Dunlop-Reifen haben eine steifere Karkasse. Der Pirelli ist etwas weicher. Damit spricht der Reifen auf der Bremse etwas mehr mit dir. Beim Gasanlegen in der Kurve ist mehr Traktion da, auch mit der härteren Mischung."

"Man kann direkter und aggressiver in Schräglage ans Gas gehen. Mit Soft-Soft kann man auch etwas mehr Schräglage fahren - und das auf einer Strecke mit wenig Grip wie Barcelona. Das war wirklich beeindruckend."

Warum sich das Racing verändern könnte

Das Racing könnte sich in der Moto2-Klasse im nächsten Jahr deutlich verändern. Beim aktuellen Dunlop-Reifen kommen die besten Rundenzeiten oft erst nach einigen Runden. Der Pirelli hat in den ersten Runden mehr Grip und hat dann einen Drop.

Das wird sich einerseits auf das Qualifying auswirken, wo man mehrere kürzere Versuche sehen wird, als längere Runs wie aktuell. Und da die Performance des Pirelli-Reifens nach den ersten Runden nachlässt, wird das Reifenmanagement in Zukunft eine viel größere Rolle spielen.

Moto2-Start in Misano

Wer sich die Reifen im Rennen wie einteilt, könnte in Zukunft entscheidend sein Zoom

"Der Dunlop-Reifen baut auch ab. Er fängt mit weniger Grip an und bleibt dann konstanter auf dem Level. Da ist der Unterschied beim Pirelli größer. Da ist ein großer Unterschied zwischen einem neuen Reifen im Vergleich zu wenn er abgebaut hat", findet Tulovic.

Deshalb geht der Deutsche davon aus, dass man für das Qualifying und die Renndistanz unterschiedliche Set-ups brauchen wird. Für die Teams und Fahrer wird sich also die Arbeit an einem Wochenende verändern.

Insgesamt wird der erste Testtag mit Pirelli als positiv betrachtet. "Die Zeiten waren sehr performant", berichtet Kalex-Designer Alexander Baumgärtel im Gespräch mit Motorsport-Total.com. "Man konnte die Reifen mit wettbewerbsfähigen Zeiten bis zum Ende bringen."

"Ich denke, das Reifenmanagement wird in Zukunft eine Rolle spielen", bestätigt Baumgärtel die Eindrücke von Tulovic. "Beim Set-up wird man sehen, weil es waren mehr oder minder zwei Sessions. Es wurde auch nicht voll gepusht."

"Da am darauffolgenden Wochenende das nächste Rennen stattfand, wurde nicht wirklich das Limit ausgereizt. Das Motorrad musste ganz bleiben. Deshalb war das mehr ein Test für Pirelli als für uns, ob die Grundperformance passt. Das hat sich widergespiegelt."

Ein weiterer Test in Valencia

In diesem Kalenderjahr wird es noch einen weiteren Pirelli-Test geben. Dieser wird am Montag nach dem Saisonfinale in Valencia stattfinden. Die Frage ist, wie das Wetter Ende November sein wird und ob die Fahrer nach einer langen Saison für einen Reifentest ans Limit gehen.

Sind deshalb in Valencia überhaupt aussagekräftige Rückschlüsse möglich? "Die Frage ist berechtigt, aber die Teams haben nach diesem Test gefragt", meint Baumgärtel. "Also muss man davon ausgehen, dass sie dort mit Energie und wachen Augen auftauchen."

Kalex rüstet den Großteil des Feldes mit Chassis aus. Das Material muss für die kommende Saison produziert werden. Sind kurzfristig Änderungen für die Pirelli-Reifen möglich? "Es macht unsere Arbeit bei weitem nicht leichter. Das kann ich schon sagen."

Pirelli

In diesem Kalenderjahr gibt es nur noch einen zweiten Test mit Pirelli Zoom

"Ich muss mir die Daten konzentriert ansehen und versuchen, eine Strategie zurechtzulegen, ob wir vorahnen können, wo die Geschichte hingeht. Dann werden wir sehen, ob wir etwas anpassen können. Natürlich sind die Tests sehr beschränkt." Aber das betrifft auch auf die Konkurrenz.

In der Moto3-Klasse werden sich im nächsten Jahr nicht nur die Reifen verändern. Im Zuge der Coronavirus-Pandemie hatten sich KTM und Honda darauf geeinigt, aus Kostengründen die Entwicklung einzufrieren.

Diese Vereinbarung läuft nun aus. Für 2024 wird es neue Motorräder geben. Dazu kommen die Pirelli-Reifen. Für die Moto3-Klasse sehen die Dimensionen wie folgt aus: Beim Vorderreifen 100/70 R17 und beim Hinterreifen 120/70 R17.

Der Hinterreifen stammt aus dem Superbike-Portfolio von Pirelli, aber für die Moto3 wird ein neuer Vorderreifen entwickelt. Auch für die kleinste Klasse soll das Reifenmanagement in Zukunft eine größere Rolle spielen.

Neueste Kommentare